Eine Stunde der Täuschung!

Zeitungsbericht der Laibacher Zeitung vom 30. Dezember 1865:

Eine Stunde der Täuschung!

Wir glauben so gern, was wir wünschen und wir sind dem wenig dankbar, der uns aus dem angenehmen Traume weckt. Wir kommen eben aus dem in einen Salon Hofzinser verwandelten Kinosaal, in welchem der liebenswürdige Zauberer uns schon die zweite Stunde in der angenehmen Weise eskamotirte. Heute war das Arrangements des Saals in ein ganz parlamentarisches, es gab eine Rechte und eine Linke, ein Zentrum der schönsten Frauenrosen und sogar einen improvisierten „Berg.“

Die Glocke des Präsidenten ertönte und die Musik spielte recht passend den – Klopfgeistermarsch. Der geistvolle Wiener Magus begann die Karten zu mischen, es scheint dies die Einleitungsstudie zu sein. Schnell hat er sich gefaßt und beginnt sein Spiel, die Karten verwandeln, vergrößern und verkleinern sich in seiner Hand, breiten sich wie ein Fächer aus und sinken wieder in seiner Handfläche zusammen. Sie bekommen Flügel und folgen dem Kommando ihres Herrn mit Widerwillen langsam oder schnell, je nachdem es „Damen“ oder „Buben“ sind.

Das Genre der Kartenkunststücke ist zwar das am wenigsten anregende, obwohl Herr Hofzinser ihm die interessanteste Seite abzugewinnen weiß und es mit seinem witzigen Dialog belebt. Wir sehen ihn daher gern zu einem anderen Genre übergehen und zwar sehen wir ihn ins Gebiet der Volkswirtschaft schweifen und hören seine Ansichten über Geld, über das Verschwinden von Gold und Silber (diese edlen Metalle fürchten sonst das Feuer nicht, aber im Jahre 1848 haben sie ihre Natur verleugnet, sie kamen nicht ins Feuer, sie hörten nur davon und – verschwunden waren sie) mit Vergnügen an.

Herr Hofzinser wünscht zu seinen Experimenten einen oder mehrere Taler, niemand antwortet. Man sieht, wir leben im papiernen Zeitalter, endlich aber finden sich ein paar silberne, österreichmüde Flüchtlinge und nun verwirren sie sich im Labyrinth der Zauberhände, sie verschwinden im kleinen Finger des Herrn Hofzinser und dringen durch Flaschenwände hindurch.

Aber es kommt noch besser. Herr Hofzinser hat auch das Geheimnis, Banknoten zu machen, gefunden und er macht davon vor unseren Augen den ausgedehntesten Gebrauch. Nur leider fehlt ihm, wie er selbst bedauernd gesteht, das Augenmaß, die gemachten gemachten Banknoten sind bald zu klein, bald zu groß.

Herr Hofzinser stellt eine Kollekte an und indem er das alte Thema „Gold ist nur Chimäre“ in Ein Millionär – ein Aschen“ variert, läst er unsere Bankbillets vor unseren Augen von dem Feuer seiner prachtvollen Girandolen verzehren und doch war dies betrübende Antodafe nur „Täuschung“, unsere Bankbillets sind wohlbehalten wieder da.

Und wieder ein Sprung aus dem finanziellen Gebiet in das der Homöopathie. Herr Hofzinser meint sehr richtig, die Homöopathie bleibe ihrem Grundsatz: Gleiches mit Gleichem, immer getreu. Gesetzt, es fehlt Einem nichts und er möchte doch einnehmen, so gibt sie ihm – nichts. Er hat also, was ihm fehlt. Herr Hofzinser geht aber in seiner ironischen Haltung gegen die Homöopathie zu Tatsachen über, er zeigt uns mehrere von den bekannten Streukügelchen, ladet sie vor unseren Augen in eine Pistole und – bittet eine Dame, sie abzufeuern. Man hat Mut, mehr Mut als die Männer und bald sehen wir die Mordwaffe in einer schönen Hand blinken.

Herr Hofzinser zeigt uns nun ein Glaskästchen, in diesem sollen die Streukügelchen als Ballen vergrößert aus der Pistole abgeschossen erscheinen. Der Knall ertönt, nachdem die Waffe zweimal versagt und wir sehen die verkörperte Satire auf Hahnemanns System in der Gestalt von größen Bällen im Kästchen vor uns. Einen dieser Bälle verschlingt Herr Hofzinser todesmutig, er tröstet uns aber, derselbe sei nicht in seinen Magen gekommen, sondern er holt ihn plötzlich aus der Handfläche hervor.

Herr Hofzinser erweist uns aber auch die Aufmerksamkeit, unsere Gesundheit zu trinken in – echtem Laibacher, wie er scherzend bemerkt und wir müssen es, trotz der vielen „Täuschungen“ wohl glauben, da er das Glas mit der Linken ergreift, welche ja dem Herzen am nächsten, daher eigentlich die rechte ist. Das Changiren von Flasche und Glas ist eine immer recht hübsch wirkende Drolerie.

Auf allgemeines Verlangen schließt Herr Hofzinser mit der „Bibliothek“; er reicht eine Anzahl Bücher herum, darunter Heine, wie er sagt, die Lieblingslektüre der Frauen, Schiller und Goethe und der wohl schon vergessene Schleifer. Er schreibt einen Vers aus den 300.000 dieser Bücher auf und bestimmt nun die Anwesenden, ihm eben diesen Vers auf seine Fragen in dem betreffenden Buche zu bezeichnen.

Das eröffnete Kuvert, in welchem jener Vers eingeschollen worden, zeigt uns, dass der Wille des Escamoteurs wirklich so mächtig war, dass wir ihm folgen mussten. Und damit ist eine Stunde der „Täuschung“ wieder vorüber und wir scheiden mit aufrichtigem Bedauern von diesem durch die geistreiche Darstellung so angenehm gestalteten Traume. Die Casinodirektion hat uns durch Veranstaltung dieser Produktion, zu welcher sich Herr Hofzinser mit so großer Bereitwilligkeit herbeiließ, zwei sehr angenehme Gesellschaftabende bereitet.

Die Tombola ist tot, es lebe die „Stunde der Täuschung“ fort in der angenehmen Erinnerung der Getäuschten, die aber doch ihre Hoffnung erfüllt fanden! Wir hatten nur noch einen Wunsch, nämlich das hübsche Spiel mit den magischen Rosen im Spiegel wiederholt zu sehen, es war der Vortrag zu dieser Verwandlung so sinnig und poetisch, dass er uns eigentümlich ergriff. Der Escamoteur wurde ein – Philosoph, der uns das Geheimnis des Lebens und Sterbens, des Werdens und Vergehens lehrt. Herr Hofzinser verläßt uns Montag zu unserm aufrichtigen Bedauern, um in Triest einige Tage zu verweilen. Unsere besten Wünsche folgen ihm.

Quelle: Österreichische Nationalbibliothek

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